Giftechsen/Krustenechsen

Nur zwei Echsenarten gelten allgemein als Giftechsen. Es sind dies die beiden heute noch lebenden Arten der Krustenechsen (Heloderma) aus dem Südwesten der USA, Westmexiko und Guatemala. Diese Tiere besitzen in ihrem Unterkiefer grosse Giftdrüsen. Bei einem Biss wird das Gift aus den Drüsen gepresst und kann dann als giftiger Speichel entlang spezieller Rinnen in den Zähnen in die Wunde des Opfers einsickern.

       

      Krustenechsen (Helodermatidae)


      Krustenechsen-Kopf-Rumpf-Längen gemäss:

      Pianka E. R., D. R. King & R. A. King (2004): Varanoid Lizards of the World. Indiana Univ. Press: 588 pp

       

      Eine ganze Reihe weiterer Echsenarten besitzen ebenfalls Giftdrüsen im Unterkiefer. So etwa alle Warane, Leguane und Agamen, aber auch die Blindschleiche (Anguis fragilis). Trotz dem Vorhandensein von Giftdrüsen geht von den allermeisten dieser Echsen aber für den Menschen keine Gefahr aus. Eine Übersicht zu diesem Thema findet sich hier: "Which came first, the Snake or the Venom?"

     

Krustenechsenhaltung

Zur Haltung beider Krustenechsenarten benötigt man in der Schweiz einen Sachkundenachweis (SKN) und eine Haltebewilligung des zuständigen kantonalen Veterinäramtes (TSchV Art. 89).

Krustenechsen sind im Terrarium normalerweise recht ruhige Tiere, die sich meist sehr bedächtig bewegen. Oft liegen sie den ganzen Tag dösend in ihrem Versteck und kommen erst gegen Abend hervor, um behäbig durchs Terrarium zu streifen. Dies kann unvorsichtige Halter dazu verführt, die potentiell gefährlichen Giftechsen falsch einzuschätzen und unvorsichtig mit ihnen umzugehen. So kann es leicht passieren, dass man in einen Finger oder die Hand gebissen wird, wenn man mit den Echsen bzw. in ihrer Nähe hantiert. Durch das Tragen eines dicken Lederhandschuhs kann das Risiko einer Verletzung verringert werden.

Ein gesunder Erwachsener hat gute Chancen, einen Krustenechsen-Biss zu überleben. Trotzdem ist ein solcher äusserst schmerzhaft und unangenehm und bedarf in jedem Fall sofortiger, medizinischer Behandlung. Grundsätzlich muss jeder Krustenechsenbiss als ernster medizinischer Notfall behandelt werden! Schwerwiegende Symptome können bereits auftreten, wenn nur eine geringfügige Verletzung vorliegt.

 

Symptome eines Krustenechsen-Bisses

  • Es existiert kein Antiserum gegen das Gift von Krustenechsen! Die Behandlung muss deshalb unter klinischen Bedingungen symptomatisch erfolgen.
  • Heloderma-Bisse sind äusserst schmerzhaft! Gängige Schmerzmittel sind wenig wirksam. Aufgrund der kritischen Kreislaufsituation sollte auf den Einsatz von Morphin verzichtet werden. Der Höhepunkt der Schmerzen ist 1 - 2 h nach dem Biss zu erwarten. Man muss aber damit rechnen, dass sie für mehrere Tage anhalten.
  • Die grösste Gefahr eines Krustenechsenbisses ist das dramatisches Absinken des Blutdruckes bis zum Schock. Abhilfe kann durch Applikation von Elekrolythlösungen und Noradrenalin-Infusionen geschaffen werden.
  • Mit einem Kompartment-Syndrom ist nicht zu rechnen, da sich die Schwellung mehrheitlich unter der Haut ausbreitet. Das Ödem an der Bissstelle geht in der Regel nach 3 - 4 Tagen zurück. Nekrosen oder Gewebeverluste treten normalerweise nicht auf.
  • In der Regel muss mit keinen bleibenden Schäden gerechnet werden, wenn die Akutphase des Bisses überstanden ist. Sofern es zu nicht zu einer Infektion der Bissstelle kommt, verheilt diese problemlos.

 

Erste-Hilfe-Checkliste nach Heloderma-Biss (Notfallplan-Download, pdf)

  • Die festgebissene Echse so schnell wie möglich von der Bissstelle lösen. Krustenechsen lassen nach einem Biss nicht los, sondern warten, bis das Gift nach und nach in die Bissstelle diffundiert. Je länger die Echse festhält, desto mehr Gift gelangt in die Wunde, sodass die Wahrscheinlichkeit einer schwerwiegenden Vergiftung immer grösser wird.
    Gelöst werden kann ein Biss indem man:

- Einen starken Wasserstrahl auf den Kopf der Echse richtet.
- Reichlich Sprudelwasser in den Mund des Tieres schüttet.

- Alkohol in den Mund des Tieres träufelt.

  • Einen dünnen, flachen Gegenstand (z.B. Holzspatel) zwischen Bissstelle und Unterkiefer einführen und um 90° drehen. Oft bricht man der Echse dabei Zähne ab, die dann in der Bisswunde steckenbleiben und entfernt werden müssen. Ausserdem entstehen so oft Risswunden.
  • Ringe, Armreifen, Uhren, Piercings und anderen Schmuck sofort entfernen. Ein Heloderma-Biss kann Schwellungen hervorrufen, sodass es schwierig bis unmöglich werden kann, den Schmuck später noch abzustreifen.
  • Keine Manipulationen der Wunde! Aussaugen des Giftes bewirkt kaum eine nennenswerte Reduktion der Giftmenge. Durch Einschneiden der Wunde kann die Giftausbreitung sogar begünstigt werden. Ausserdem verstärken Schnitte die Gewebeverletzungen und erhöhen das Infektionsrisiko.
  • Gebissenes Körperteil ruhig stellen. Keinesfalls einen engen Verband oder gar eine Stau-Binde anlegen, weil dadurch die Schmerzen mit zunehmender Schwellung (Ödem) stärker werden und die Blutzirkulation behindert werden kann. Allenfalls kann ein leichter Verband im Bereich der Bissstelle angelegt werden, um eine allzu starke Blutung zu stillen. Dieser muss aber regelmässig der Grösse des Ödems angepasst werden.
  • Patienten durch zweite Person sofort in ein Krankenhaus bringen. Wenn möglich sollte man sich dort telefonisch voranmelden, damit sich das Krankenhausperson auf den Notfall vorbereiten kann.
  • Bei Bedarf muss eine Tetanus-Impfung aufgefrischt werden.

(alle Angaben ohne Gewähr)

 

Krustenechsen-Literatur

 

Anmeldung zu einem SKN-Kurs über Gross- & Giftechsen

 

DGHT-Arbeitsgemeinschaft Warane & Krustenechsen